Rezension: Welt aus Staub

"Die Kugel durchschlug Adams Fuß mitsamt den Dielenboden." (S. 62)





Verlag: Ueberreuter
Preis: 16,95 € (broschiert)
Seiten: 396
 Autor: Stephan R. Bellem
 Genre:  Dystopie
 Einzelband






Worum gehts?

Während die Prostituierte Tessa und die Schmugglerin Elaine, die nach noch lebenden Pflanzen sucht und sie verkauft, sich durchs Leben schlagen müssen, ist Sam als Ingenieur höher gestellt und plant eine oberirdische Plantage, die die Menschen endlich wieder die Pflanzen zurückbringen soll, welche allesamt von einem Pilz dahingerafft werden.
Als Sams Freund sich umbringt, stecken alle drei in einer einzigen Misere.

Meine Meinung:

Wie bin ich auf das Buch gekommen?
Ich habe es auf Blogs gesehen und in meiner "Ich lese nur noch Dystopien"-Zeit gekauft. Sehr lange habe ich es nicht gelesen, denn ich bin nicht der große Fan vom Schauplatz Wüste.

Erwartungen an das Buch?
Menschen wollen die Pflanzenwelt retten und suchen in der Wüste nach besonderen Exemplaren, oder so.^^
Ich hatte keine großen Vorstellungen, nur wusste ich, dass es vielleicht etwas rauer und brutaler zugehen könnte, da es eine Dystopie für Erwachsene ist.

Erwartungen erfüllt?
Es ist kein Buch, das in der Wüste spielt. Es ist überhaupt ganz anders geworden.

Zu Anfang hat mir das Buch gut gefallen.
Neugierig machte mich der Prolog und die verschiedene Perspektiven, von ganz unterschiedlichen und überhaupt nicht öden Protagonisten, begeisterten mich. 
Da gab es die knallharte Schmugglerin Elaine, die Männer umlegen muss, um Geschäfte zu machen.
Die Prostituierte Tessa, mit der ich in den ersten Szenen sehr mitfühlen konnte.
Sam, aus deren Sicht man auch mal die Oberschicht betrachten konnte.

Kleine Details aus der Megastadt, wie der Plastikparkettboden, welcher alle Woche mal nach Kiefer, mal nach Pinie roch, fand ich interessant.
Wie man am obigen Zitat erkennen kann, ist die Geschichte stellenweise sehr brutal, aber das passte zu dieser Zukunftsvision und hat mich nicht allzu sehr gestört.

Aber dann kam die Wende bzw. zusätzlich noch die Ernüchterung.

Aus einer Dystopie wird ein Kriminalfall.
Gut, das wäre noch zu verkraften gewesen, aber der barg für mich keine Überraschungen.
Da es nur einen sehr eingeschränkten Personenkreis gibt, bzw. die drei Erzähl-Perspektiven konnten es alle nicht sein, war mir von Anfang an klar, wer der Täter ist. Enttäuschend.
Zudem fand ich die "Beute", vollkommen unrealistisch, aber da würde ich leider zu viel spoilern.

Dann fand ich die Entwicklung von der Prostituierten Tessa merkwürdig. Sie hat jahrelang auf dem Strich gearbeitet, aber sie wurde nach den ersten guten Szenen als verschüchtertes Mädel dargestellt, das kaum einem Mann eine Pflanze verkaufen kann. Lächerlich.

Als ich dann auch noch mitbekommen habe, dass es auf der ganzen Welt (!) keine Pflanzen mehr geben soll, abgesehen von unterirdischen Plantagen, war die gesamte Zukunftsvision unglaubwürdig und ein schlechter Witz.
Überhaupt wurden Pflanzen im gesamten Buch nur als "Dekoobjekt" und "Duftspender", höchstens noch als "Nahrungszulieferer" wertgeschätzt. 
Dass Pflanzen unseren Sauerstoff produzieren, sie absolute Wasserspeicherungsanlagen sind, und es ohne sie  zu gigantischen täglichen Naturkatastrophen käme, wurde mit keinem Wort erwähnt.
Das hat mich tierisch verärgert! Das ist einfach, argh... der für mich größte Reinfall.
Seien wir doch mal ehrlich, wir atmen Sauerstoff und essen pflanzliche Produkte und Tiere, die wiederum  von pflanzlichen Stoffen ernährt werden. Wenn die Pflanzen sterben, stirbt alles, außer vielleicht Einzeller, oder so...

Zudem ist die Nahrung für die Bewohner sehr stark rationiert und was gibt es? Mais und Hühnchenfleisch.
Niemals, niemals würde man, wenn die Lebensmittelversorgung so am Ende ist, Fleisch produzieren. Denn mit der Menge an Mais, die die Hühner fressen, könnte man vielfach mehr Menschen versorgen, als mit dem kümmerlichen Endergebnis an Fleisch. Das ist die Energiepyramide! Hühner verbraten für ihren Stoffwechsel viel mehr Energie, als am Ende sie im Körper haben und verbrauchen auch noch eine Menge kostbares Wasser.

Deshalb sollten wir auch in der heutigen Zeit nicht jeden Tag Fleisch essen, da in anderen Ländern die Futterpflanzen als Lebensmittel gebraucht werden. Falls sie dort wirklich ankommen würden, aber das nur so am Rande...

Das ganze Dilemma bekam mit dem Schreibstil noch die Krone auf. Es wurde einfach zu viel gesagt, was man als Leser eh bemerkt, z.B. wenn Tessa mehrmals nur mit "Ja" antwortet, brauche ich keinen Hinweis, wie schrecklich monoton ihre Antworten sind, bzw. gab es Dutzende von Füllwörtern und Ergänzungen, wie: "offensichtlich", "scheinbar" etc.

Ach, und es gab einen Epilog, bei dem ich nur noch entnervt das Buch zuklappte.

Fazit
Eine recht spannende Dystopie mit teilweise netten Ideen, aber riesigen Logiklücken und wenigen Überraschungen.
Insgesamt vergebe ich für die Protagonisten ein Regalbrett und für den Anfang der Geschichte, bis zu dem Beginn des Kriminalfalls (ca. S.170) eine Regalebene. Das unglaubwürdige Setting bekommt kein Regalbrett.


Bescheiden


Beitrag von Egoliquida

5 Kommentare:

  1. Bei mir ist das Buch schon eine Weile her und ich habe es noch recht positiv in Erinnerung. Vor allem die "erwachsene" Erzählung und die durchgehende Spannung habe ich sehr genossen. Doch ich geb dir völlig Recht, die Geschichte mit den Pflanzen macht ganz durchdacht nicht unbedingt Sinn. Vor allem was du zur Nahrung geschrieben hast, leuchtet ein. Als ich es gelesen habe, habe ich da gar nicht so darauf geschaut und die Welt so angenommen wie sie ist.

    Ich kann mir vorstellen wie stöhrend es ist, wenn man ständig "Logikfehler" im Hinterkopf hat. Beim Ende muss ich dir zustimmen, war schon sehr dick aufgetragen^^

    Drück dir ganz fest die Daumen, dass du endlich mal wieder einen richtigen Knaller liest!

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    1. Hm, ich würde auch liebend gerne meinen Verstand beim Lesen ausklinken, aber es geht nicht.^^ Warum musste ich auch Bio-Leistungskurs nehmen?
      Das Ende war doch echt die Spitze des Eisbergs. XD
      Viele finden ja den Epilog von Harry Potter schnulzig, aber der hier war nicht nur kitschig, sondern auch völlig überzogen.^^

      Also "Schöne neue Welt" hat mir ja sehr gut gefallen. Vielleicht bekomme ich jetzt einen regelmäßigen Rhythmus hin, alle 15 Bücher ein Lieblingsbuch, oder so.:)

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  2. Zu schade, ich finde, dass sich die Beschreibung ganz gut angehört hat

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    1. Ja, die fand ich auch sehr gut. ;)

      Ich mochte es wegen den ganzen Logiklücken nicht. Aber falls du eine gegenteilige, also positive Meinung zu dem Buch haben möchtest, empfehle ich dir diese: http://readingtidbits.blogspot.de/2012/03/rezension-welt-aus-staub-von-stephan-r.html

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  3. Danke für das Taggen! :)

    Hm, auf Anhieb fällt mir da nichts ein, aber ich werde darüber nachdenken.

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