Kurzrezension: Das letzte Zeichen

Wenn ich morgens früh aufstehe
und zu meinen Dystopien gehe,
schau ich hin und schau ich her,
ob noch eine ungelesene da wär.

Mein Gesicht glüht voller Glück,
als ich entdeck' das papierene Stück.
Denn ich freu' mich auf ein wenig Tiefe
und einen Plot, der rasant zuliefe.

Les' ich dann aber immer weiter
und die Story wird nerviger und seichter,
fall' ich ich in die Depression hinein,
fang' dann ganz laut an zu schrein':
HILFE!
(inspiriert vom Kinderbewegungslied "Schornsteinfeger"; umgeschrieben von Egoliquida)


Ich bin ja ein Dystopien-Junkie und bin richtig enttäuscht.


Enttäuscht von:

Das letzte Zeichen

"Ich habe dir vertraut. Mehr als irgendjemanden sonst. Es war mir egal, ob sonst noch jemand auf der Welt war, solange nur da warst. Und jetzt... jetzt erfahre ich, dass du meinen Bruder geküsst hast?" (S.256)




Autor: Gemma Malley
Verlag: cbt
Seiten: 350
Preis: 8,99 € (Taschenbuch)
Genre: Dystopie
Reihe: 1. Band von 3





Worum geht's?

Evie, die in der Verwaltung arbeitet, lebt in einer Stadt, die von Mauern umgeben ist und in der alle Bewohner den "Bruder" unterstehen und einem Rang (A-D) zugeteilt werden. Obwohl sie Raffy liebt, ist sie mit der guten Partie Lucas, seinen Bruder, verlobt. Dann geschieht es: Raffy soll ein "K" werden - das Zeichen, dass für den Tod steht.

Meine Meinung:

Erwartungen, die ich allgemein an Dystopien habe:
  • Einzigartiges, durchdachtes, detailliertes Setting, das eine dichte Atmosphäre erzeugt
  • Starke Charaktere
  • Spannender, überraschender Plot
  • Allgemein wenig Kitsch
  • Themen werden angesprochen, die mich nachdenklich stimmen
  • Emotional werde ich von den Szenarien berührt

Spezielle Erwartungen an "Das letzte Zeichen":
  • mindestens so qualitativ hochwertig, wie die andere Dystopie der Autorin (Der Pakt), d.h. eine, durch sehr gut gezeichnete Charaktere getragene Dystopie

Erwartungen erfüllt?
Nein!
Und ich bin wütend, denn Gemma Malleys andere, einige Jahre ältere, Dystopie hat mir durchschnittlich gut gefallen.
Deshalb kommt es mir so vor, als ob sie schnell dieses Buch "hingeklatscht" hat, um im Dystopienzeitalter nochmal mitzumischen.

Die Charaktere:
Die sind absolut unter allem Niveau. Evie ist derart naiv und mit Minderwertigkeitskomplexen behaftet, dass sie nur durch drastische Familiengeheimnisse sich von der Schlechtigkeit des Systems überzeugen lässt. Ich konnte folglich keinerlei Beziehung zu ihr aufbauen. Und was wäre passiert, wenn diese Familiengeheimnisse nicht existiert hätten? Wäre sie dann wieder ins Bett gegangen und hätte ihr ödes Leben weitergelebt? Ich bezweifle es nicht.

Ihr Freund Raffy dagegen hat mich nur aufgeregt. Er ist derart eifersüchtig, aufbrausend, nervig und gemein zu Evie, dass ich ihn gerne eigenhändig den Hals umdrehen würde.
Als kleines Bonbon gibt es noch eine Dreiecksgeschichte. Von solchen kriege ich persönlich immer Würgereiz. Besonders, wenn es sich wie hier auch noch um den Bruder des Geliebten handelt.

Ich hatte zudem das Gefühl, dass die Charaktere seelenlos waren. Da war kein Funken, der zu mir übersprang und das ist bestimmt einer der Gründe, weshalb das Werk mir keinerlei Freude und Unterhaltung bot.

Der Plot:
Raffy wird als K deklariert.
Evie wird mühselig durch das Lüften von drastischen Familiengeheimnissen überzeugt zu flüchten.
Dann kommt es zu einer Flucht.
Sie treffen auf Rebellen.
Dann kommt es zum Sturm des Systems (den Ausgang bei noch zwei Folgebänden kann man sich ausrechnen).

Und dann ist das Buch zu Ende.

Ich muss zugeben, dass es nicht ideenlos war, aber aus diesen Bruchstücken wurde nichts gemacht, alles war unausgegoren. Ich habe nicht mitgefiebert oder mitgelitten. Ich habe nicht mal nachgedacht. Ich blieb den ganzen Emotionen, die die Ideen auslösen sollten, merkwürdig fern.

Das Setting:
Es gibt eine ummauerte Stadt, in denen Menschen überwacht und in Klassen eingeteilt werden, je nach ihrem Betragen.
Alles kurz beschrieben, sodass ich keinerlei Interesse an dem Schauplatz hatte.

Was ich bekommen habe:
  1. Durchschaubaren Plot, dem es logischerweise an Spannung mangelte
  2. Unausstehliche Charaktere, ohne Tiefe und ohne Seele (und zwar alle, da gab es keine interessante Nebenfigur)
  3. Emotional wurde ich nicht einmal berührt
  4. Nachdenklich macht mich dieses Werk nicht
  5. Dreiecksgeschichte und unromantische Liebesgeschichte
  6. Ödes Setting

Fazit

Man hätte aus einigen Ideen viel mehr rausholen können und das ärgert mich. Für mich wirkte das ganze Buch lieblos zusammengeschustert, wie ein Auftragswerk, bei dem die Autorin von Anfang an keine Lust hatte. Ich könnte jeden einzelnen Satz zitieren und man würde wahrscheinlich nichts extrem "schlechtes" sehen, aber als Gesamtes ist es sehr, sehr schwach. Eine Geschichte, die man schnell vergisst und an der ich lange las, weil ich für sie keine Motivation aufbrachte. 


Lesenswert? Nein!

Anmerkung: Ich habe einige Rezensionen gelesen, deren Fazit zu diesem Buch war, dass die Geschichte noch viel Potenzial hat. Ich sehe da nur Potenzial für die Folgebände, wenn die Protagonisten umgebracht werden und neue, facettenreichere und liebenswertere auferstehen. Die Wahrscheinlichkeit dafür schätze ich mal auf 0%.^^ Egal was da noch kommen mag, bei derart seelenlosen und unsympathischen Charakteren kann daraus meiner Meinung nach nicht viel werden, bzw. auch alles Gute an der Story wird dadurch extrem abgeschwächt.

Beitrag von Egoliquida


13 Kommentare:

  1. Mir hat das Buch auch nicht gefallen und ich hatte ebenfalls den Eindruck, dass die Autorin das Buch eher lustlos dahingeklatscht hat.

    "Der Pakt" hat mir auch wesentlich besser gefallen, weswegen mich dieses hier nun enttäuscht hat. Die nächsten Teile werde ich nicht lesen, denn wie du schon schreibst, dafür müsste man die Protagonisten austauschen, was wohl nicht geschehen wird...

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    1. Wir sind einer Meinung. :D
      Ich frage mich, kann ein Autor tatsächlich ein Buch lustlos dahinklatschen? 350 Seiten müssen doch euch erst geschrieben werden. Vielleicht ist auch nur ihr Talent geschwächt?

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    2. Vielleicht stand sie auch irgendwie unter Druck, weil sie unbedingt mit auf den aktuellen Dystopien-Zug aufspringen wollte, und hat sich deswegen beim schreiben sehr beeilt? Ich denke, man wird dies nie rausbekommen können. Schade ist es dennoch, denn sie hat ja schon gezeigt, dass sie es besser kann.

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  2. :D okay, gut dass ich es mir nicht geholt habe! :)
    Tolle Rezi und dankedankedanke! *grins* Ich hatte es auf meiner WL.

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    1. An diesem Buch ist nichts, was einen Kauf rechtfertigen könnte. Nicht bei den Charakteren jedenfalls.^^
      Bitteschön, ich verteil gegen Warnungen.;)

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  3. Finde die Idee ja interessant, die Charaktere umzubringen udn sie auszutauschen:)
    Das ist das positive an dem Buch? Sehr schade.
    Ich mag die Rezi trotzdem.

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    1. Nein, dass man aus den bruchstückenhaften Ideen theoretisch mehr hätte rausholen können.^^

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  4. Also dein GEdicht finde ich ganz bezaubernd. :D Ich werde in nächster Zeit auch mal ein Veriss-Gedicht schreiben, das hat schon ziemlich stil find ich. hab sehr gegrinst.

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    1. Es ist nur eine Variante (das Schornsteinfegerlied ist dagegen so niedlich^^). Ich dachte, ich muss meine Leser mal aufmuntern, wenn es hier nur noch Verrisse hagelt. XD

      Aber bald stehe ich vor einem Problem. Drei Dystopien, die ich gut bis sehr gut fand.^^ So was finde ich viel schwieriger zu schreiben.

      Ja, ich will auch deine Gedichte lesen.^^

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  5. Ps: "Emily Anderson" ist jetzt bei Kapitel neun...

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    1. hm, ich hatte den Verbraucherschutz angeschrieben, mehr kann ich leider nicht tun...
      Da ich Erzieherin bin(und junge Geschwister habe^^), habe ich ein starkes Bedürfnis Kinder zu schützen, aber ich bin jetzt am Ende meines Lateins.-.-

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  6. Öhm, das ist bei dir eine Kurzrezension??? :D Ich fand die lang, lang aber gut! :D

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    1. Für mich sind Kurzrezensionen nicht wirklich kürzer, nur subjektiver. ;D

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